Gedichte und Prosa
Haiku von Kurt John
Mythos Baum, von Urbeginn
in Holz gebannter
Ausdruck der Natur
So weiß, so schön,
kristallen klar wie Neuschnee
ist nur der Augenblick
Liebe, Schwungrad
der Natur, sie
überwindet jedes Hindernis
Ich, du, nur du, pocht das Herz
das rauschend Blut schwemmt
alle Mahnung weg
Und nur die Liebe
führte aus Finsternis uns hin
zum Licht, zum Wir
Kurz nur blüht
Adonis' Anemone. Sie weint,
wie jedes Jahr, um Ihn
Mutter der Fruchtbarkeit
der Zorn ist tödlich
lebensspendend deine Gunst
Urgott der Liebe und des Lichts,
welch Trug.
Tiefer Sturz durch eigne Angst
Tanz auf den Dächern, himmelweit
nichts was zu Boden zieht
nur wir, zu zweit
Gestern, morgen, jetzt
im Augenblick verliert die Zeit
die Dimension
Zyklus des Lebens
ich erkenne dich
im Werden, Reifen, Sterben
Yin ist von gleichem Baustoff
wie auch du und Yang
Spannung schafft Leben
Was eins war, ist getrennt
und doch verbinden uns
noch tausend Dinge
Die Maske schützt
vor Tränen zorniger Enttäuschung
einst wie heute
Des Chaos' Kind geteilt in Pole
der Rest ist Leben
Sterben auch
Wie Sehnsucht flehn
die Hörner himmelwärts
das Herz sehnt sich nach Liebe
Getrennt durch Taten,
Gedanken, vereint durch
die Wogen der Zukunft
Hier animalisch Mensch
dort Opferlamm, kam doch
aus gleichem Stamm
Selbst durch des Höchsten Haupt
bahnt nur schmerzhaft sich
der Weisheit strahlend Kraft
Ihr Mantel der
Unendlichkeit birgt Zukunft
Werden und Vergehn
3 – Sardische Törn – Haiku
Das Schiff trägt jede Last
was Ballast ist
zeigt sich auf seine Weise
Reisegepäck
Sommernacht im Hafen
Lebenslust durchzieht
die Straßen und Gassen
Olbia
Meer, vom Mistral gepeitscht
Glut wird Feuersturm
gefangen im Hafen
Mistral
Der Mistral kühlt den Übermut
er reizt und zeigt
die eigenen Grenzen
Reizklima
Mistral, Flaute, Sturm
es führt auch sanfter Wind
dich hin zur schönsten Bucht
Badebucht
Ich wollt ich wär
in jedem Tropfen Meer
als salzigsanfte Woge
im Wasser
Des Südens Sterne
so greifbar nah, sind sie
doch unbegreiflich fern
Nacht an Deck
Die Welt erwacht
am Morgen voller Lust
am wilden Schrei der Möwe
der Morgen
Lust und Gefahr sind Brüder
Begleiter des wilden Flugs
der Möwe
Möwe Jonathan
In höchste Höhen führt
der Möwe Flug
im Aufwind der Sonnenglut
Höhenflug
Der Rausch der Höhe
lässt vergessen, wie dünn
die Luft, die alles trägt
Höhenrausch
Bucht mit salz-warmen Wellen
Fantasien in Stein
grünblaues Meer
Costa Smeralda
Schwellendes Segel
weiß gegen blau
rauschende Fahrt in die Weite
Segelfreuden
Traumhaftes Gleiten
mühelos holt dich
ein Riff zurück zur Erde
Seglers Leid
Die Muschel öffnet sich
mit dem Willen zum Leben
gibt sie sich preis
Maritimes
Wille des Lebens
Erkenntnis des Ich
lässt öffnen der Schale Schutz
etwas Schopenhauer
An-Blicke, Ein-Blicke,
Blicke, unvergängliche
Augen-Blicke
Natur-Schönheiten
Südwind, Segler gleiten
durch dunstwarme Buchten,
Wolken und Nebel
Sardischer Süden
Schwellende Blüte
tautropfenfeucht
paradiesischer Garten am Meer
Garten im Süden
Zartrosa Blüten
üppige Pracht
geöffnet zur Sonne, zum Licht
Bougainvillea
Törn-Ende, Vertreibung
Unterbrechung, Erlösung
es ist alles
Fine
– Haiku 2005
Zwischen den Jahren
springen Herzen am höchsten
sinkt Mut am tiefsten
Die Karten für das
neue Jahr sind längst verteilt
neu nur scheint das Spiel
Winterluft wie ein Bergquell
erquickt Körper und Geist
alles wird klar
Unter der weißen Pracht
ruht der alte Schmutz
wächst neues junges Grün
Neuschnee in der Stadt
als wärs das erste mal
stehn alle Räder still
Der Zyklus der Natur
erzeugt vom Sternenstand
scheint uns stets zu schnell
Mit einem Gong
wird die Kultur der Erde
ins Chaos weggespült
Katastrophen verändern
den Maßstab des Menschen
Menschlichkeit reift
Apokalypse
bringt Not, Chaos und Tod
offenbart die Grenzen
Schöpfung, ungeplanter Akt
Schicksal, allein der Mensch
der sagt, ich bin
Weites schneeverwehtes Feld
goldbraune Hügel
Krähenschrei im Flug
Schneereste, Schmelzwasser
gurgelt, Luft kalt-warm gestreift,
Frühlingsahnung
Ein Duft nach Braun
und frischem Grün
hell-lockendes Vogelgezwitscher
Der scharfe Biss
ist abgelöst durch warmes,
samtig weiches Streicheln
Veilchenblau auf
grünen Inseln, gelbe Tupfer,
weiß lila Sprenkel
Die Farbe des Baches
spiegelt Licht, Luft, Stunde
und Gemüt